Eva Schaeuble, 1951 in Kuppenheim geboren, lebt und arbeitet in Karlsruhe. Von 1972 bis 1977 absolvierte sie ihr Studium der Malerei an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste bei Professor Markus Lüpertz. Von 1973 bis 1976 studierte sie Kunstgeschichte an der Akademie und der Universität Karlsruhe. Seit 2009 ist sie Künstlerin bei der Staatlichen Majolika Manufaktur Karlsruhe. Eva Schaeuble erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter 2016 den Städtischen Kunstpreis "Künstler in Baden-Baden". Eine Liste ihrer Ausstellungen seit 1982 sowie Auftragsarbeiten und Arbeiten in Sammlungen findet ihr unter www.eva-schaeuble.de
Bei Offenburg OPEN stellt Eva Schaeuble bei Doro Mode, Hauptstr. 91, aus.
Lest, was Birgit Möckel über Eva Schaeuble schreibt:
Es ist nicht zu übersehen: In ihrem Bildkosmos steckt vor allem eine übergroße Lust –Lust am Malen, am Fabulieren, am Formen, an Intellekt und Sinnlichkeit und nicht zuletzt an der Fülle von Farben, Linien, Ornamenten und Gesten – von energetischer Kraft bis zu feiner Tonigkeit und graphischer Raffinesse.
Üppig und zart verdichten sich Impulse und finden zu Bildern und Bildergeschichten, deren Themen und Motive sich nicht zuletzt auch aus klassischer Mythen und der Kunstgeschichte speisen.
Mit größter Intensität und feiner Souveränität werden diese Inhalte verwoben: zu unverwechselbarer Malerei und spielerisch hintergründigen Adaptionen – abgeleitet aus dem Bildvokabular beispielsweise eines Edouard Manet, dessen unglaublich reiche Schwarztöne, sein für die damalige Zeit unerhört freier Duktus und nicht zuletzt auch seine einfühlsam und präzise beobachteten Frauengestalten bis heute fesseln.
Eva Schaeuble ist Manet, einem der Urväter der Moderne, ganz nah und denkt die altbekannten Themen und Mythen anspielungsreich und durchaus weiblich weiter. Sie versammelt „Enkelinnen“ oder „nach-gedachten“ Anverwandten von Victorine Meurant, einer jungen Frau, die Manet für viele seiner Rollenspiele Modell stand. Denken wir an „Die Dame mit dem Papagei“ oder das Bildnis der „Mademoiselle Victorine als Stierkämpferin“.
Immer wieder zeigen sich bei Papierarbeiten, keramischen Gefäße und Skulpturen, anspielungsreiche Metaphern und Zitate aus der Kunstgeschichte, die die Protagonistinnen auszeichnen und verorten – sei es in der Tradition der Kriegsgöttin Athene oder Minerva, auf die die Eule verweist, der man oft erst auf den zweiten Blick gewahr wird, oder eben Heldinnen aus dem Manetschen Repertoire, die vielleicht weniger am Papagei als an jenem unnachahmlichen Blick in ein undurchdringliches Innen zu erkennen sind, das sie so unnahbar wie verletzlich erscheinen lassen.
„Heldinnen, wie wir – oder olé Victorine“ nennt Eva Schaeuble diese Frauen, die mit hingebungsvoll schmachtendem Augenaufschlag an barocke religiöse Verheißungen erinnern und doch tapfer jedwede Rolle meistern: vom säbelschwingenden weiblichen Torero über ganz im Diesseits stehenden Figuren, die, die Hände in die Hüften gestemmt oder in prachtvolle Gewänder gehüllt, dem Leben gleichsam an vorderster Front trotzen. Ob raumfüllend auf großformatigen Bögen oder raumgreifend auf Sockeln in Rundansicht zu betrachten, ob als Ahnenreihe im Hintergrund oder plastisch und vielfach dekoriert: selbstbewusst stellen sie sich dem Betrachter – und erobern ihren Raum (auch in der Kunstgeschichte).
Gleich ob die Mythen, denen sie entsprangen, weiterleben, oder sich in dekorativem Zierrat jener schwarzweißen Interieurs verwandeln – immer bleiben sie vereint mit diesen Frauenbildnissen – von der Jugend bis ins hohe Alter. Sehnsüchte, Wünsche, Wahrheiten, Visionen – ein ganzes Leben oder Universum spiegelt sich in den üppigen Versatzstücken, die sich auf dem Papier oder im Raum von allen Seiten präsentieren. Von schwarz nach weiß, über blasses Rosa nach Rot finden sich reiche Zwischentöne: Erzählerisch und immer wieder verblüffend die Wirkung der räumlichen und linear- ornamentalen Komponenten der Bilder. Viele Fäden führen zu immer neuen Kapiteln einer Kunst-Geschichte, die hier ganz individuell weitergeschrieben wird – Aus der Gegenwart in die Zeit – mit Blick zurück und nach vorn.
In einer so paradiesischen wie bedrohten Kulisse aus Malerei und Collage-Elementen, präsentiert Eva Schaeuble das flirrende Licht eines Sommertages in dem sich erst in der Nahsicht die Bedrohung am Himmel und ein weitbekanntes Logo eines Energiekonzerns zeigen. Was mögen die vier Protagonisten jenseits des Bildes sehen? Lächelnd wie auf einer verblassten Fotografie schauen sie auf den Betrachter. Stoisch blickt der Esel und zieht seine Last. „Jäger und Sammler“ – lauten Titel und geheimnisvolle Botschaft eines umfassenden Panoramas und Memento Mori: zwischen Geschichte und Gegenwart, prallem Leben, fotografisch genauen montierten Details und freier malerischer Assoziation entwickelt es nun hier seine suggestive Kraft – mit allen innewohnenden Brüchen.
Eva Schaeuble zeigt ihre Nähe zur Kunstgeschichte, detailreich und umfassend, um sich genau von dort ihren Weg zu bahnen – in unsere Gegenwart, die ihre eigene Kunstgeschichte schreiben wird – mit Helden und Heldinnen. Kraftvoll, sinnlich und durchaus weiblich – ist ihre Position ein Genuss für alle Sinne.
Birgit Möckel
(Birgit Möckel, geboren 1958 in Bruchsal, Dr. phil.; Kunsthistorikerin, Kuratorin, Autorin, Hochschuldozentin; u.a. Mitglied im Kuratorium der Wilhelm Neuhaus Stiftung. Der Text ist ein modifiziertes Redemanuskript zur Eröffnung der Gemeinschaftsausstellung „Eva Schaeuble und Gabi Streile“, Galerie Tammen, Berlin, 2015. Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Birgit Möckel.)